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2009 - 2

Und der Verlierer ist . . . Ostbayern

PASSAUER NEUE PRESSE, 09.04.2009, Eva Schwarz

München soll einen dritten Konzertsaal bekommen - Die 80 Millionen Euro Förderung wären besser in Passau angelegt, sagen Kulturschaffende. Es ist ein Konzertgebäude der Extraklasse. Knapp 1800 Plätze, beste Akustik, ein Traum für jedes Orchester. Gebaut werden soll das Schmuckstück in München, neben dem alten Marstall. 120 Millionen Euro sind dafür veranschlagt, den Großteil müsste der Freistaat Bayern beisteuern. Darüber ist ein Streit entbrannt, denn München besitzt bereits zwei Konzertsäle. Der bayerische Kunstminister Wolfgang Heubisch kündigte an, frühestens im Herbst solle eine erste Entscheidung fallen. Ostbayerische Kulturschaffende beklagen, dass wieder einmal in München investiert werden soll.

„Im ostbayerischen Raum fehlt ein großer Konzertsaal mit bester Akustik“, erklärt Dr. Pankraz Freiherr von Freyberg, Intendant der Festspiele Europäische Wochen Passau. „Die Europäischen Wochen kämpfen seit Jahrzehnten um einen solchen Saal, den letztendlich Spitzenorchester auch fordern.“ Generalmusikdirektor Basil H. E. Coleman bedauert ebenfalls, dass es in Passau kein Konzerthaus gibt, freut sich aber für die Münchner: „Es ist gut, wenn etwas für die Kultur getan wird.“ Hermann Girlinger vom Euregio-Symphonieorchester ist sich sicher: „Wenn man in Passau ein vernünftiges Konzept aufstellt, würde es funktionieren.“
2007 stand die Dreiflüssestadt kurz davor: Die Finanzierung des „Europäischen Hauses“ in der Neuen Mitte war so gut wie gesichert. Doch die Passauer stimmten bei einem Bürgerentscheid gegen das Konzerthaus.
Wir können jetzt nicht jammern.
25 Millionen sollte das Passauer Haus kosten. „Die Bayerische Staatsregierung hat uns finanzielle Unterstützung zugesichert“, sagt Volker Mangold, langjähriger Vorsitzender der „Bürgerinitiative Konzerthaus Passau“. 17,5 Millionen wären vom Wirtschaftsministerium bereitgestellt worden. „Deshalb können wir jetzt nicht jammern, schließlich hätten wir ja die Möglichkeiten für ein eigenes Konzerthaus gehabt.“ Trotzdem findet er es bedauerlich, dass wieder einmal München zum Zuge kommen soll: „Es mutet überheblich an, wenn man in München, das gut ausgestattet ist, an einen weiteren Konzertsaal denkt.“
Freyberg findet: „Ein Konzertsaal in Passau sollte Vorrang haben vor einem neuen Saal in München.“ Ein neuer Saal für die Landeshauptstadt wird deshalb diskutiert, weil die beiden vorhandenen Konzertsäle als weder akustisch noch ästhetisch optimal gelten: Der Herkulessaal ist ein langer Schlauch und kann aus Denkmalschutzgründen nicht umgebaut werden. Die Philharmonie im Gasteig wird von vielen Dirigenten als akustische Katastrophe eingeschätzt. Zudem hat das derzeit angesehenste Münchner Orchester, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, bislang keinen eigenen Saal - auch darum soll ein neuer entstehen.
Für Freyberg völlig unverständlich: „Es kann nicht sein, wenn bei einem Haus wie dem Gasteig versäumt worden ist, für eine exzellente Akustik zu sorgen, die Bedürfnisse einer ganzen Region wie Ostbayern hintenangestellt werden.“ Er plädiert dafür, dass die Fehler im Gasteig repariert werden. Auf keinen Fall sollte in irgendeiner Form der Marstall angetastet werden, der ein architektonisches Juwel sei, so Freyberg.
Doch die Pläne für den Neubau neben dem Marstall sind weit fortgeschritten. Die bayerische Staatsregierung hat bereits einen Ideenwettbewerb in Auftrag gegeben. Gewonnen hat der Vorschlag der Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank. Der ehemalige Finanzminister Kurt Faltlhauser setzt sich als Vorsitzender des eigens gegründeten Vereins „Konzertsaal Marstall“ ebenso für den Neubau ein wie Ministerpräsident Horst Seehofer.
Faltlhauser rechnet mit Kosten von etwa 120 Millionen Euro, 80 Millionen davon soll der Freistaat zahlen. Auf Widerstand stößt dieser kostspielige Vorschlag unter anderem beim Koalitionspartner FDP. „Bei der aktuellen Finanzlage stellt sich natürlich die Frage, ob dies der richtige Zeitpunkt ist“, sagte die kulturpolitische Sprecherin der Landtags-FDP Julika Sandt. „Wir sammeln jetzt erstmal die Fakten“, kündigte Kunstminister Wolfgang Heubisch an. Im Herbst werde das Kabinett dann darüber beraten und eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen.
Volker Mangold von der „Bürgerinitiative Konzerthaus Passau“ ist sich übrigens sicher: „Wenn man die Münchner Bürger über den neuen Konzertsaal abstimmen lassen würde, dann würden sie ihn ablehnen.“ Das hätten die letzten Bürgerbefragungen in Passau und Münster gezeigt.


Konzerthaus Munchen 1

Der neue Konzertsaal in München soll neben dem alten Marstall gebaut werden. Nach den Plänen der Architekten soll er wie ein Zwilling die Formen des historischen Gebäudes aufnehmen, aber dennoch neue Akzente setzen. Bislang hat das herausragende Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks keine eigene Spielstätte. (Foto: Konzertsaal Marstall e.V.)


Europ Haus Passau

Klaus Kadas Entwurf für das Europäische Haus in Passau: Die Bürger haben sich vor zwei Jahren gegen das Projekt entschieden. (Foto:Kada)